Perspektivenwechsel oder Es kommt auf die Perspektive an

Kunst und der Attersee, Attersee und die Kunst. Der See mit seinen unzähligen Schattierungen scheint seit jeher eine Quelle der Inspiration für Kunstschaffende zu sein.
Klimt und Mahler zum Beispiel verbrachten hier einst ihre Sommerfrische und ließen sich ganz in Ruhe von der Muse des Sees küssen.

Heute ist der Ort Attersee erneut ein Zentrum der Kreativität.
Perspektivenwechsel lautet die Antwort auf unbelebte Ortskerne, ungenutzte Räume und einen Mangel an Kulturangebot rund um den Attersee.

Edith Maul-Röder hat mit dem Kunstfestival PERSPEKTIVEN ATTERSEE eine Veranstaltungs- und Ausstellungsreihe geschaffen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die vorherrschende Leere im öffentlichen Raum des etwas angestaubten Ferienorts Attersee mit Kunst zu füllen.

Vom 5. Juli bis 30. August findet heuer zum vierten Mal das Kunstfestival in Attersee statt, das sich in den vergangenen Jahren als alternativer Fixpunkt im Festivalsommer etabliert hat.

Die Ansprüche sind hoch: Ein qualitätsvolles und sehr facettenreiches künstlerisches Programm wird geboten – Grafikdesign, Fotografie, Modedesign, Tanz – und auch Ton ist heuer ein wichtiges Medium.

Die gebürtige Atterseeerin Edith Maul-Röder hatte die Idee den Ort zu beleben. Seitdem wird hier jungen und junggebliebenen Kunstschaffenden die Möglichkeit zur Präsentation geboten, außerdem dient das Zentrum der Perspektiven mit dem Kunstatelier im ehemaligen Kaufhaus Miglbauer als Ort der Kommunikation, der Inspiration und der zwischenmenschlichen Begegnung.
amateur-fashion birgit rampula  -  perspektiven attersee

Interview mit der Fotokünstlerin Edith Maul-Röder aus Attersee

Wie kam es zur Idee für die Veranstaltungsreihe Perspektiven//Attersee?

Mein Mann und ich sind in Attersee aufgewachsen und wir sind beide in künstlerischen Berufen tätig. Wahrscheinlich gehen wir deshalb mit sehr offenen Augen durchs Leben und bemühen uns unser Umfeld positiv zu gestalten, das hört nicht vor der eigenen Haustüre auf.
Der gesellschaftliche Wandel und unser aller Einkaufsverhalten haben in den letzten 30 Jahren zu einem Aussterben des Kleinhandels geführt. In meiner Jugend war es noch üblich, dass man zum Kaufmann, Fleischhauer oder Bäcker ums Eck täglich zu Fuß einkaufen ging. Es gab kaum Autos und in jedem noch so kleinen Ort gab es viele Geschäfte und Gewerbetreibende.

 

Wie ging es dann weiter?

Wir überlegten schon lange, was man in Attersee machen kann, um der einst lebendigen Geschäftsstraße, die durch den wunderschönen Ort führt wieder einen kleinen Teil dieses Flairs zurück zu geben. Früher war dieser Ortsteil das Kommunikationszentrum der Atterseer und natürlich auch der Gäste. Die Sockelzone der bewohnten Häuser war ungenützt, die Schaufenster leer und der Gesamteindruck lud nicht zum spazierengehen ein. Ein großes Problem in Attersee ist natürlich der Autoverkehr, der durch die sehr enge Ortsdurchfahrt rollt.

 

Sie haben 2011 das Kunstprojekt PERSPEKTIVEN-ATTERSEE gestartet. War es nur für ein Jahr gedacht?

Nein!  2011 starteten wir, dank der Zustimmung vieler Hausbesitzer mit der großflächigen fotografischen Bespielung der leer stehenden Geschäftslokale – einer Galerie im öffentlichen Raum. Mit den Mitteln einer Leader-Förderung sollte das Projekt drei Jahre lang durchgeführt werden.
2011 war ich die ausführende Fotokünstlerin. Durch diesen optischen Eingriff in das gewohnte Straßenbild wurde natürlich eine sehr kontroversielle Diskussion entfacht. Von: „super es verändert sich etwas“ bis: „jetzt hängen sie Attersee zu!“.
2012 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, den Siegfried A. Fruhauf mit seiner Einreichung „vide dans le vide“ (Leere in der Leere) gewann. Zusätzlich zur Fotoausstellung luden wir in einem kleinen Raum im Haus Huber-Punzet jeweils für 3 Wochen junge Artists in Residence ein, um hier im Ort zu arbeiten und zu kommunizieren. Es war eine tolle Stimmung und das Feedback der jungen Künstler war so überwältigend, dass wir uns entschlossen auf die Arbeit von Fruhauf, der ja die Leere und das Vakuum thematisiert hatte mit der Bespielung der Häuser zu antworten.
So entwickelte sich  das Fotoprojekt 2013 zum Kunstfestival mit zwei Ateliers in den Häusern Bauer und Miglbauer, mit Kunstimpulsen in der Fachwerkgarage im Haus Huber-Punzet, Schaufensterboxen im Haus Baresch und dem Straßenfest „Wohnzimmer unter Sternen“, bei dem  junge Musiker die Hauptstraße für eine Nacht zum Hörraum machen.
Heuer haben wir das Programm nochmals erweitert. Erstmalig bespielen wir auch die Atterseehalle mit einer großen Fotoausstellung.

 

Eröfffnung 2013 perspektiven attersee

Wer sind die Künstler, die am Festival teilnehmen?

Wir sehen die PERSPEKTIVEN-ATTERSEE als eine Plattform für junge Kunstschaffende. In Attersee und der näheren Umgebung wachsen sehr viele kreative Menschen auf, die nach ihren Studien in den Städten bleiben und nicht mehr nach Attersee zurückkehren. Wir möchten mit unserer Initiative bewirken, dass sich die jungen Kreativen für Attersee einsetzen und sich hier mit ihrer Arbeit wohlfühlen, um  mit Hilfe der Kunst der alten Geschäftsstraße das einstige Flair als Kommunikationszentrum wieder zurück zu geben.
Im KUNSTATELIER arbeiten  junge Kreative, die in der Region aufgewachsen sind und im DESIGNATELIER junge Designer und Designerinnen aus ganz Österreich. Wert legen wir darauf, dass diese ihr eigenen Entwürfe selbst fertigen und verkaufen. Wir freuen uns auf 2 Monate Kunst in Attersee am Attersee.
In den Wintermonaten bespielten wir heuer erstmalig alle uns zur Verfügung stehenden Schaufenster und Ateliers mit temporären Ausstellungen. Diese haben das Ortsbild die ganzen „10“ Wintermonate erhellt.

 

Es ist also auch im Winter eine weitere Bespielung geplant?

Ja genau, damit es auch im Winter optische Anreize gibt wenn man durch den Ort spaziert. Gemeinsam mit der Kunstuniversität Linz streben wir dafür eine Kooperation an.
Und im Sommer dann immer wieder zwei Monate Festival pur.

 

Warum ensteht in der Seenregion so viel Kunst? Ist das nur Zufall?

Der See mit seiner Faszination an Lichtspielen sowohl im Sommer als auch im Winter verleiht eine besondere Stärke und Kraft.
In den Städten ist unser Sehbild von optischen Reizen total überhäuft, man nimmt ob der vielen Eindrücke kaum mehr etwas wahr. Hier am See ruht der Blick oft auf der Seefläche, die zwar immer die Selbe ist, sich aber ständig verändert – vergleichbar mit einem Blick in offenes Feuer.
Wasser ist faszinierend, verändert sich immer, und ist viel reizvoller als ein Fernseher in den man hineinschaut, gerade für junge Menschen – es ist toll hier aufzuwachsen.

 

Ja, das stimmt!

Wasser ist genauso wie das Element Feuer, es gibt Ruhe und Kraft und natürlich Inspiration.
Es macht das gleiche  mit jungen Menschen wie mit alten.

 

Man muss sich nur einmal anschauen, welche berühmten Werke hier am Attersee schon entstanden sind!

Der Attersee ist nicht nur in der Gegenwart Erholungs- und Rückzugsort für viele berühmte Küntstlerinnen und Künstler, das war auch in  der Vergangenheit so. Hier am Attersee die Sommerfrische zu genießen, sich in Ruhe inspirieren zu lassen und sich mit Freunden zu treffen und auszutauschen hat Tradition.

Wir Menschen leben durch Kommunikation und zwischenmenschliche Beziehungen, das sollen die PERSPEKTIVEN//ATTERSEE mit bewirken. Wir möchten eine offene Kunstszene aufbauen, die bleibt – die von der Jugend weiter getragen wird und damit ein Stück Menschlichkeit zurückgewinnen.
Rund um den Attersee gibt es viele kleine Kulturinitiativen, die das gleiche Anliegen haben wie wir. Uns zu Vernetzen und gegenseitig zu unterstützen und zu stärken ist eine weitere Aufgabe.

 

Wie sieht die Zukunft der Perspektiven aus?

Wir möchten dass das KUNSTFESTIVAL  ein Fixpunkt in der österreichischen Kunst- und Kulturszene ist und bleibt, dass es ausgebaut und von der Jugend weitergeführt wird.
2020 zur Landesausstellung sollen wir uns alle über eine tolle Kunstszene in Attersee freuen.

 

Das ist eine schöne Zukunftperspektive! Vielen Dank für das Gespräch.

Gerne!

Claudia Nickl

 

Alle Termine für die Perspektiven findet ihr in unserem Veranstaltungskalender. Wir wollen euch einen Besuch bei den Perspektiven Attersee sehr ans Herz legen, denn:
Wos is des schenste an Weyregg? Da Blick auf Attersee!

Weitere Informationen unter http://www.perspektiven-attersee.at/.

Text und Interview von Pia Gärtner, Fotos von Perspektiven // Attersee.

 

 

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